Die Telekom hat zur IFA ihre Pläne zur Einführung eines eigenen Tablets angekündigt. Das Puls genannte Gerät ist nun für Kunden des Unternehmens zum Vorzugspreis verfügbar.
Wir haben für euch ausprobiert, was es kann und was man nicht erwarten sollte und das Puls einem ausführlichen Test unterzogen.
Wozu Puls?
Die Telekom will ihr Puls-Tablet als eine Art Zentrale für ihre diversen Dienste in Stellung bringen. Daher kommt das Gerät mit den bisher erschienenen Telekom-Apps, die etwa den Zugang zum TV-Portal Entertain, dem Kundencenter oder der Sprachbox, der Telekom-Voicemaillösung für Festnetzkunden.
Auch die Apps mancher Telekompartner, wie etwa Evernote oder Spotify, sind mit an Bord.
Aber wie gut macht sich das Puls als Secondscreen-Tablet wirklich? Wir gehen dem nach.
Ausgepackt
Das Puls kommt im handlichen Paket. Die Aufmachung ist schlicht, kam aber bei uns nicht schlecht an.
Zum Zubehör zählt das mitgelieferte Netzteil nebst einem, erfreulich langen, Micro-USB-Kabel.
Das Tablet selbst weist das von vielen Androiden bekannte Hochformat auf, kommt im Plastikgehäuse und ist relativ schwer.
Unser Eindruck: Das recht hohe Gewicht wirkt zusammen mit der Verarbeitung billig, aber solide.
Die Hardware
Das Puls ist als Wohnzimmer-Gadget konzipiert, das seine Stärken vor Allem im Zusammenspiel mit Entertain und als Second Screen ausspielen soll.
Dementsprechend sind die Spezifikationen:
- 16 GB interner Speicher, mittels Micro-SD um 32 GB erweiterbar,
- Bluetooth 4.0, Micro-USB 2.0, GPS
- WLAN nach802.11n, 2,4 GHz
- Fünf-Megapixel Fix-Fokus-Hauptkamera / 1,2 MP WebCam (dazu später mehr)
- 1280 x 800 Pixel Displayauflösung
- angetrieben durch einen 1.3 GHz Quadcore, 32 Bit unbekannter Bauart,
- dem ein GB RAM zur Verfügung steht.
Erstes Einschalten
Das Puls kommt mit einem nicht mehr ganz aktuellen Android 5.0, an dem erfreulich wenig herumgepfuscht wurde.
Nach dem Einrichten des WLANs, eine Mobilfunkschnittstelle hat das Puls als Sofagerät nicht, soll tatsächlich erst das Google-Konto hinzugefügt werden. Was wir begrüßen, könnte Smart Device-unerfahrene Telekomkunden womöglich irritieren. Dennoch ist es ein Pluspunkt.
Nach der Einrichtung der Google-Dienste und dem initialen Einspielen einiger nicht näher definierter Updates folgt dann das, was der Magentakonzern das Telekom-Login nennt. Diese eigene Cloud, die die diversen Portale, Kundenkonten und Komfortfunktionen vereinheitlichen soll, ist nicht immer Grund zur Freude, auch wenn es prinzipiell ein Schritt in die richtige Richtung ist.
Bei unserem Test haben wir versuchsweise den Login eines Mobilfunkvertrags eingegeben, ein Vorgang, der früher unweigerlich einen Fehler provoziert hätte. Dieses Mal akzeptiert das System den Login anstandslos. Ohne weiter behelligt zu werden, wird ein kurzes Einführungsvideo präsentiert, anschließend landen wir auf dem Home Screen.
Oberfläche und Apps
Die Produktentwickler haben dem Puls eine angepasste Oberfläche verpasst, waren aber angenehm zurückhaltend. Auf dem ersten Home Screen finden sich diverse Telekom-Apps wie die DSL-Hilfe, die ein rudimentäres Router-Setup und Fehlerdiagnose ermöglicht. Auch das kaum angepriesene Home-Talk ist mit dabei, mit dem sich ein Smart Device als Festnetztelefon benutzen lässt.
Im Test waren diese Apps teils schon mit dem Telekom-Login bestückt und somit sofort einsatzbereit. Das gilt zum Beispiel für das Kundencenter, das beim Start direkt die Rechnung des aktuellen Monats anzeigt.
Leider ist das einheitliche Nutzungserlebnis dann doch nicht ganz so einheitlich.
Das liegt zum Einen daran, dass noch nicht alle Dienste auf das Telekom-Login umgestellt sind. Was für Kunden der ersten Stunde Umstellungen vereinfacht, fragmentiert die Telekom-Welt. Altkunden merken das inzwischen, wenn die Telekom etwa den gesamten Mobilfunk-Kundenzweig auf das neue Universallogin umstellt und Millionen alter Logins ungültig werden. Wir sehen hier die Misere, müssen aber für den Praxistest hier Punkte abziehen.
Diese Erfahrung setzt sich auch bei Entertain fort. Das Flaggschiff im Telekom-Wohnzimmer, der Media-Receiver, lässt sich vom Puls fernsteuern, das gelingt über einen Verbindungsdialog in der App recht einfach, sofern zuvor im Menü für mobile Geräte am Media-Receiver eingehende Verbindungen freigeschaltet wurden.
Allerdings verkommt das Tablet hier zur reinen, zudem noch unhandlichen Fernbedienung. Das Umschalten von Programmen ist problemlos, viel mehr aber auch nicht. Ein ausführlicher Programmführer für das umfangreiche Senderangebot (EPG) sucht man vergebens. Das ist schade, denn gerade hier könnte das größere Display seine Stärken als Second Screen ausspielen.
Möglich, dass sich weitere Features hinter der Anmeldung für Entertain2Go verstecken, das das Schauen von unterwegs aus ermöglicht. Da wir aber keine Anmeldung für diesen kostenpflichtigen Zusatzdienst eingegeben haben und auch nicht erkennen können, warum ein Programmplaner- und Führer hier lokalisiert sein sollte, bleibt dieser Teil des Nutzungserlebnisses überraschend unbefriedigend.
Überhaupt muss an dieser Stelle die Frage nach dem expliziten Nutzen für Telekomkunden gestellt werden. Das Puls bringt keine Exklusivfunktionen. Alle vorgehaltenen Apps sind, jedenfalls zurzeit, auch als einzelne Downloads im Play- und App Store verfügbar. Zudem scheinen sogar existierende Funktionen wie die Fernprogrammierung von Aufnahmen aus dem TV-Programm zu fehlen, die etwa für das iPad schon längst im App Store zu finden sind.
Apropos iPad. Womöglich traut die Telekom ihrem eigenen Tablet selbst noch nicht so recht. Der Begrüßungsbildschirm des Kindermodus zeigt zwei Kinder mit einem iPad.
Ein Wisch nach rechts vom Home Screen aus bringt eine Art Kacheloberfläche zum Vorschein, die ein paar interaktive Widgets beinhaltet, die beispielsweise aktuelle News anzeigen.
Kurios: Hinter einigen der prominent platzierten Widgets wie Facebook oder Wetter verstecken sich bloß Links zu Web-Inhalten, die dem Nutzer zudem noch die Entscheidung für einen der zwei vorinstallierten Browser abverlangen. Das wirkt umso sinnloser, als die Telekom mit wetter.info bis vor Kurzem ein eigenes Angebot im Portfolio hatte. Der Dienst mit langjährig verfügbaren Apps für die großen Plattformen gehörte zum jüngst verkauften T-Online-Konvolut und hätte sich hier geradezu aufgedrängt.
Man fragt sich, was das Puls einem mit den Telekom-Apps bespielten Android-Tablet in der 150-200-Euroklasse voraus hat. Ein reeller Nutzen dürfte unzweifelhaft nur den Kunden bleiben, die das Gerät zum Vorzugspreis von 50 respektive 75 Euro zum Telekomvertrag erhalten.
Das Puls als Android-Tablet
Anders als manches Gerät auf Androidbasis ist es für Puls-Besitzer kein Problem ihr Gerät als reguläres Tablet zu nutzen. Der Play Store ist verfügbar und die relativ aktuelle Version 5.0 erlaubt den Download der meisten Apps.
Angry Birds lässt sich recht flüssig spielen.
Mit dem vorinstallierten Chrome-Browser kann problemlos gesurft werden, allerdings macht sich hier die begrenzte Power der Hardware bemerkbar. Die Apfellike-Seite lädt auf dem Puls gut dreix so lange wie auf einem iPad Air 2. Zugegeben, der Vergleich ist unfair, denn das Puls sollte nicht als iPad-Killer in den Ring, wir geben ihn auch nur als Orientierung.
Multimedia-Eigenschaften
Nicht viel erwarten sollte man von der Kameraausstattung. Die Bilder der Fünf-Megapixel auflösenden Hauptkamera ohne Autofokus betten wir unkommentiert ein, die Frontkamera für Videokonferenzen war faktisch nicht zu gebrauchen. Während man keine hochwertige Kamera erwarten sollte und unserer Auffassung auch nicht zwingend in dieser Geräteklasse braucht, wäre ein annehmbares Konferenzerlebnis, etwa für Skype-Gespräche, ein Plus gewesen.
Doppelt gebrandet
Ein Kuriosum zum Schluss: Natürlich produziert die Telekom ihre Hardware nicht selbst, beauftragt also ein Fertigungsunternehmen. Dieses ist, ebenso wenig überraschend, in China beheimatet. Vielleicht erinnern sich noch Einige an die Mobiltelefone von Alcatel mit dem Brand OneTouch. Alcatel, der heute nur noch als Netzausrüster existiert und jüngst an Nokia ging, verkaufte sein Handygeschäft schon vor vielen Jahren. Inzwischen ist es in der Hand des chinesischen Unternehmens TCL, das sogar die alte Marke OneTouch behielt und unter diesem Namen weiter Android-Smartphone anbietet.
Auch dem Puls verpassten die Chinesen noch den alten Markennamen, den der Ein- oder Andere vielleicht mit seinem ersten Handy verbindet.
Mit Material von Alexander Bergmann