Gut zwei Wochen sind seit dem Release des 9,7” iPad Pro vergangen. Während dieser Zeit konnten wir das kleinere iPad Pro auf Herz und Nieren überprüfen. Wird es den von Apple gestellten Ansprüchen gerecht und ist es in der Lage eure Laptops zu ersetzen?
Design – dem iPad Air 2 zum Verwechseln ähnlich
“Ist das das neue iPad Pro?” werde ich der nächsten Zeit wohl nicht zu hören bekommen. Das 9,7” iPad Pro glänzt nämlich mit den exakten Abmessungen (240 x 168 x 6.1mm) und Gewicht (437g für Wi-Fi Modell and 444g für WiFi + Cellular Modell) wie das iPad Air 2. Weiterhin befinden sich an den selben Stellen der 3,5 mm Kopfhöreranschluss, die Lautstärkeregler sowie der Lightning Connector.
Erst durch genaues Hinsehen sind die hervorstehende Kamera (ja, richtig gelesen!), der True Tone Flash, die zusätzlichen zwei Lautsprecher auf der Ein/Aus-Standby-Tasten-Seite, der Smart Connector und die neue Antenne beim Cellular-Modell erkennbar. Der iPad-Linie wurde darüber hinaus die Farbe Roségold hinzugefügt.
Das neue True Tone Display
Auf den ersten Blick stelle ich keine großen Veränderungen fest. Die Auflösung von 2048 x 1536 Pixeln bei 264 ppi ist gleich geblieben. Im direkten Vergleich zum iPad Air 2 bemerke ich jedoch, dass insbesondere die Farben Magenta und Grün satter geworden sind. Apple zufolge wurde der Farbumfang um 25% erhöht. Dies hat zur Folge, dass die Farben intensiver und detailreicher erscheinen. Allerdings muss ich zu geben, dass ich diesen Unterschied nur merke, wenn ich das iPad Air 2 direkt daneben halte.
Ferner wurde die Helligkeit erhöht und die Anti-Reflexbeschichtung optimiert. Letztere soll rund 40 Prozent besser sein als beim 9,7″ Vorgänger.
Das neue Feature True Tone Display brachte mich zum Stauenen. Mit Hilfe von zusätzlichen Umgebungslicht-Sensoren ist das 9,7” iPad Pro der Lage die Farbtemperatur zu analysieren und den Weißausgleich des Bildschirms anzupassen. Dieser Effekt soll damit die natürliche Reflexion von Licht auf Papier nachahmen. Obwohl dieses Feature zunächst gar nicht beeindruckend klingen mag, fand ich es sehr angenehm und hoffe auf dessen weitere Verwendung in zukünftigen Geräten.
Performance – Laptopklasse?
Wie schon beim großen Bruder, dem 12,9″ iPad Pro, wurde auch hier der A9X-Prozessor mit eingebettetem M9 Coprozessor, wenn auch in einer leicht gedrosselten Form, verbaut. Beim Arbeitsspeicher hat sich Apple leider nur für 2 GB entschieden. Das führt dazu, dass meine Safari-Tabs andauernd neu geladen werden müssen.
Im Alltagsgebrauch sind die Spezifikationen aber vollkommen ausreichend. Wenn Apple nicht versprochen hätte, meinen Laptop ersetzen zu wollen, hätte ich auch nicht mehr Performance verlangt. So aber bin ich dazu gezwungen, das 9,7″ iPad Pro mit gängigen Notebooks zu vergleichen. Kurz und schmerzlos schließe ich: Dafür hat es leider (noch) nicht gereicht. Mir persönlich fehlt das erweitertete Multitasking und eine übersichtliche Ordnerstruktur.
Einige Apps wie zum Beispiel Adobe Photoshop sind ebenfalls nur in einer abgespeckten Version erhältlich. Hier sind Apple und Drittentwickler gefragt, das Betriebssystem iOS bzw. die zugehörigen Apps zu optimieren.
Wirklich zufrieden war ich mit dem Akku. Hier hält Apple sein Versprechen ein und bietet ein Powerhouse an, welches bis zu 10 Stunden oder teilweise länger belastbar ist.
Sagt „Cheese!“ zur iPad-Fotografie
Eine 12 Megapixel iSight Kamera mit True Tone Flash und eine 5 Megapixel FaceTime HD Kamera mit Retina Flash klingen auf dem Papier phänomenal – dem stimme ich zu! Es ist das erste Mal, dass in einem aktuellen iPad-Modell die Kamera eines Flagship iPhone eingebaut wurde. Bilder mit der iSight Kamera gelingen gewohnt wunderbar und Selfies sind attraktiver als je zuvor.
Allerdings teilt das 9,7” iPad Pro seine Schwäche mit dem iPhone 6s. Beim Fotografieren in dunkler Umgebung kommt es zu einem leichten Grünstich und einem merkbaren Bildrauschen.
Dennoch macht es durchaus Spaß, Bilder mit dem iPad zu schießen. Der große Bildschirm dient nun als großartiger Sucher.
Optimierungsbedarf vorhanden
Wie auch beim iPad Air 2 finden wir beim 9,7” iPad Pro im Home-Button ein Touch-ID-Sensor … der ersten Generation. Beklagen kann ich mich zwar nicht, bin aber dennoch den Standard des iPhone 6s bzw. 6s Plus gewöhnt.
Besonders unglücklich bin ich mit dem Lightning Connector, denn das kleinere iPad Pro unterstützt im Gegesatz zum großen Bruder kein Fast Charging via USB-Type-C-to-Lightning. Apple hat nur USB 2.0 verbaut. Dadurch ist es außerdem nicht möglich, zügig große Datenmengen von einem Medium auf das 9,7” iPad Pro zu übertragen. Hier hätte Apple dem Kleinen einen besseren Anschluss spendieren können.
Smart Keyboard und Apple Pencil
Das 9,7″ iPad Pro ist weiterhin mit dem Smart Connector ausgestattet. Dadurch lassen sich Accessoires wie das Smart Keyboard ohne extra Bluetooth-Kopplung anschließen. Der Smart-Connector dient hierbei gleichzeitig als Stromversorgung, sodass keine Batterien benötigt oder Akkus separat aufgeladen werden müssen. Bei ausdauernden Schreibaktivitäten könnte dem ein oder anderen die Hand verkrampfen, da das Keyboard doch recht klein ist. Erschwerend kommt hinzu, dass es nur einen festen Neigungswinkel für den Bildschirm gibt. Ich persönlich konnte mich zwar mit dem Smart Keyboard anfreunden, werde aber bei meinem MacBook bleiben.
Richtig gefreut habe ich mich über den Apple-Pencil-Support. Wie bereits beim 12,9″ iPad Pro wird mit dem Apple Pencil ein authentisches Schreibgefühl vermittelt – sofern das Schreiben auf Glas eine natürliche Tätigkeit sein kann. Bedingt durch das Format eignet sich das 9,7” iPad Pro ideal zum schnellen Notieren oder zum Skizzieren. Natürlich bietet das 12,9” iPad Pro mehr Fläche für Produktivität. Es liegt jedoch im Ermessen des Nutzers, ob Kompaktheit oder Gestaltungsfläche bevorzugt wird.
Mein Gesamteindruck
Das iPad Pro ist meiner Meinung nach nicht ganz dort angekommen, wo es sein wollte. In der nächsten Zeit wird es meinen Laptop also noch nicht ersetzen können.
Wer aber einfachere Aufgaben bewältigen und Medien konsumieren möchte, und nicht auf Multitasking setzt, findet im neuen iPad Pro ein wunderbares Tablet.
Besonderes beeindruckt bin ich vom True Tone Display und dem kompakten Format. Zusammen mit dem voluminösen Sound der 4 Lautsprecher, der 12 Megapixel iSight Kamera und insbesondere der Apple-Pencil-Unterstützung ergibt das 9,7” iPad Pro für mich das ideale Tablet. (Ja! Wenn niemand guckt, werde ich damit auch Fotos aufnehmen.)
Nur weil das iPad Pro dem Ruf eines PCs nicht gerecht werden kann, heißt es noch lange nicht, dass es kein gutes iPad ist.
Das iPad Pro ist in der Startkonfiguration mit 32 GB ohne Cellular ab 689 Euro erhältlich. Wer auf die “Pro”-Features verzichten kann, ist mit dem iPad Air 2 oder iPad Mini 4 ebenfalls sehr gut bedient und kommt viel billiger davon.
Anmerkung: Dieser Artikel wurde am 9,7″ iPad Pro bearbeitet. Die Fotos wurden mit dem iPhone 6s aufgenommen.