Die zum Springerimperium gehörende Bild-Zeitung darf Nutzer von Werbeblockern von ihrer Homepage aussperren, wie das Landgericht Hamburg nun mehr urteilte. Zeichnet sich der Trend einer neuen Rechtsauffassung ab?
Die Bild GmbH, Herausgeberin der Bild-Zeitung und Bestandteil des Springerschen Medienkonglomerats, hat an ihrer unlängst eröffneten Front um die unter Anderem nun in iOS präsenten Werbeblocker einen ersten Teilsieg verbuchen können. Das Landgericht Hamburg stimmte einer geforderten Einstweiligen Verfügung zu, die es dem Unternehmen erlaubt, Nutzer des Blockers der Eyeo GmbH technisch auszuschließen.
Das Gericht stellte hierzu fest:
„Die Antragstellerin hat glaubhaft gemacht, die auf ihrer Internetseite abrufbaren urheberrechtlich geschützten Werke und Leistungen für Internetnutzer nur unter der Bedingung öffentlich zugänglich zu machen, dass diese ein bezahlpflichtiges Abonnement abschließen oder aber die auf der Seite „www.bild.de“ geschaltete Werbung abrufen.
Um Internetnutzer, die den Abruf der Werbung auf der Internetseite „www.bild.de“ mit einer Software (sog. Adblock-Software) zu unterdrücken versuchen, von der Nutzung auszuschließen, hat die Antragstellerin seit dem 13.10.2015 eine Softwareverschlüsselung eingeführt, die einen Aufruf ihrer Internetseite bei Verwendung einer Adblock-Software durch den Nutzer unterbindet.
Damit ist es der Eyeo GmbH nun untersagt, Filterlisten für ihren auch für iOS erhältlichen Adblocker zu vertreiben, „die eine Umgehung der Softwareverschlüsselung der Webseite www.bild.de ermöglichen.“
Die Entwicklung um die Werbeblocker ist in der gesamten Medienbranche Gegenstand kontroverser Debatten und im Falle Bild besonders brisant, weil Springer in der ursprünglichen Klageschrift vor Gericht argumentierte, das Verlagsgeschäft sei nichts anderes als die Nutzung journalistischer Artikel als Mittel zur Vermarktung von Werbung. – eine extreme Position, die einerseits geeignet scheint das Vertrauen aller Konsumenten respektive Leser in den Journalismus zu beschädigen, andererseits aber auch die prekäre Situation im Onlinejournalismus offen zutage treten lässt.
Erst kürzlich diagnostizierte Stephan Dörner, der Onlinewerbemarkt sei kaputt und bedürfe völlig neuer Werbeformen, um sich neu zu erfinden. Zweifellos, die Thematik ist verzwickt und bringt besonders für kleine, Branchen- und fachspezifische Medien enorme Herausforderungen mit sich, aber auch große, reichweitenstarke Titel geraten in der Frage der Zukunftsfähigen Journalismusfinanzierung zunehmend ins Schwimmen. Ob jedoch eine brüske Sperre aller Werbeblockernutzer eines Mediums, das für die Nutzerfeindlichsten Onlinewerbeformen bekannt ist, den Diskurs wesentlich voranbringt, ist fraglich. Die vorherrschende Krise der Branche wird damit nicht adressiert.
Und auch rechtlich bleiben Fragen offen: So kritisierte etwa Thomas Stadtler, renommierter Fachanwalt für IT-Rechtsfragen auf dem bekannten Law-Blog Internet-Law: Wenn man die Hürde derart niedrig ansetzt wie das Landgericht Hamburg, wird sich kaum mehr nachvollziehbar begründen lassen, weshalb nicht auch die Blockade von Pop-Up-Fenstern oder die Blockade von Websites die Cookies einsetzen, Unterlassungsansprüche gegen den Browserhersteller auslösen sollten.“ Welche unabsehbaren Rechtsstreitigkeiten eine solcherart aufgeweichte juristische Praxis nach sich ziehen könnte, kann sich Jeder ohne viel Fantasie vorstellen.
Gleichwohl, die Frage der Journalismusfinanzierung wird auch im Licht derart fraglicher Methoden, wie Bild sie einsetzt, nicht weniger dringlich. Medienschaffende müssen ihre Arbeit in angemessener Form vergütet bekommen, um ihre Unabhängigkeit zu behalten und ein Marktversagen verhindern zu können. Auf dem Wege zu einem innovativen und tragfähigen Journalismus werden sicher noch zahlreiche Ansätze entwickelt und verworfen werden müssen.