Jedes Jahr dasselbe Szenario: Kaum gibt es die neue Generation von iPhone oder iPad im Apple Store zum kaufen, so folgen kurz darauf Meldungen, alle Geräte seien innerhalb von wenigen Minuten (Stunden) verkauft worden. Doch hinter dieser „einfachen“ Meldung, steckt noch viel mehr. Willkommen in der ersten Folge von Inside the Apple!
Künstliche Verknappung bei Apple: Willst du was gelten, mach dich selten
Hört man eine Meldung wie beispielsweise „iPhone 5S weltweit ausverkauft“ oder „iPhone 5s ausverkauft in 60 Minuten“ oder auch „In den USA komplett ausverkauft: Der Ansturm auf das iPad 2 von Apple“ mag das auf den ersten Blick eher negativ wirken. Viele Kunden die (nächtelang) vor den Apple Stores auf der ganzen Welt auf das neue iPhone/ iPad gewartet haben, müssen enttäuscht nach Hause gehen. Das ist wohl wahr, aber in Bezug auf die von Apple künstlich erzeugte Knappheit, völlig nebensächlich. Künstliche Verknappung. So nennt man das.
Künstliche Verknappung bei Apple: Sie funktioniert immer, vorausgesetzt…
Ein neues Produkt kommt auf den Markt, und der Hersteller hält die Stückzahlen oder den Zeitraum der vorrätigen Produkteinheiten bewusst tief. Apple dementierte Anschuldigungen auf künstliche geringe Geräte stets. Das Gegenteil zu beweisen ist schwer, aber: Ein Konzern wie Apple, wird wohl kaum auf solch einen „Trick“ verzichten (können).
Die Künstliche Verknappung ist in der Marketing-Branche eine populäre Methode um den Verkauf anzukurbeln. Denn Künstliche Verknappung funktioniert immer – sofern man sie richtig anwendet. Dies liegt insbesondere an der menschlichen Psyche (im Zusammenhang mit Apple, werden wir in dieser Serie darauf immer wieder zurückkommen).
Betrachten wir diesen Trick mal genauer und beginnen dabei mit den Voraussetzungen für den Erfolg künstlicher knapper Produkte.
- Die richtige Anwendung. Ein bloßes „Nur solange der Vorrat reicht!“ reicht heute zu Tage kaum noch aus, um Kunden zu einem Kauf der Produkte zu bewegen. Verständlich, wozu gibt es Ebay oder Amazon?
- Die richtige Zielgruppe. Bei Apple sind es (überwiegend) die Leute die das nötige Kleingeld haben und/ oder etwas Hochwertiges in den Händen halten möchten und des weiteren keine Ahnung von Technik haben. Es soll einfach nur funktionieren. Daher ist es hier angebracht, den Kunden zahlreiche Entscheidungen abzunehmen. Es gibt nur ein neues iPhone. In nur drei Farben. In nur drei Speicherkapazitäten. Ein sehr clevere Strategie, die sehr hohen, kommerziellen Erfolg mit sich zieht. Das genaue Gegenteil ist bei Samsung und Co. der Fall: Hier gibt es gefühlt alle drei Monate ein neues Modell in zig verschiedenen Konfigurationen. Das mag nicht weniger erfolgreich sein, aber spricht halt eine komplett andere Zielgruppe an und ist eben weniger Kundenfreundlich (dazu vielleicht auch nochmal in einer gesonderten Folge mehr).
- Sinn ergeben. Versteht der Kunde nicht, weshalb ein Produkt limitiert wird, ist auch der Effekt dahin und der Kauf,a slo der Erfolg des Produkts bedroht. Sowas macht beispielsweise bei Software wenig Sinn, eine Datei zu limitieren und damit zu werben ist schwer nachzuvollziehen, schließlich lässt sie sich ja auch einfach kopieren. Bei Hardware sieht das schon anders aus, der Kunde denkt sich, dass die Materialen eventuell knapp sind, die Fertigung schwierig ist und so weiter.
- Kurzfristig andauern.
- Nicht permanent eingesetzt werden. Sollte dies doch der Fall sein, fängt der Kunden an, an der Glaubwürdigkeit des Unternehmens, der Aktion zu zweifeln. Dies ist bei Apple ein Vorteil, würden andere Hersteller zu jedem ihrer 12 Produkte im Jahr für solche Meldungen sorgen, wäre der Effekt ebenfalls dahin. Zweimal im Jahr für das neue iPhone und das neue iPad reichen hier völlig. Apropos nicht ständig einsetzen: Auch die Entwickler bedienen sich gerne dieses Tricks. Besondere Angebote für, die für In-App Purchases werben, werden häufig nur einmal angezeigt (bzw. sie sollten es, Stichwort Glaubwürdigkeit). Der Mensch muss schnell eine Entscheidung treffen, steht unter Druck. Wäre es dem Nutzer gestattet die Anwendung zu verlassen, bzw. erst über diese Entscheidung nachzudenken, sein Gehirn zu aktivieren, würde die Wahrscheinlichkeit eines Kaufes (erheblich) sinken.
Künstliche Verknappung bei Apple: Du könntest etwas verpassen!
So in etwa reagiert das Gehirn, wenn es bemerkt, dass etwas limitiert ist. Um diesen Effekt noch mehr zu intensivieren, gibt es oftmals Wartelisten. Man verknappt ein Produkt, welches noch garnicht zu haben ist. Zuletzt konnte man das beim iPhone 5C, bzw. 5S sehen. Letzeres gab es erst sieben Tage (20. September 2013) zu bestellen und im Handel zu kaufen. Das 5C hingegen konnte man schon ab dem 13. September ordern. Solche eine „Warteliste“ verhilft Unternehmen dabei, abzuschätzen, wie sehr ein Produkt begehrt ist/ sein wird. Beim „echten“ Launch, kann man daher schon ungefähr kalkulieren, wie hoch man die Stückzahl für die Filialen ansetzen muss.
Doch beim Menschen ruft künstliche Verknappung noch mehr hervor, zum Beispiel den Procrastination-Effekt. Dieser entsteht für gewöhnlich, wenn man eine Entscheidung nicht sofort treffen will und diese stattdessen solange wie es nur geht nach hinten schiebt, also das Phänomen des Aufschiebens, Verzögerns & Verschleppens. Die Kunden wissen ganz genau, dass sie etwas haben wollen, sie wissen es sogar über einen längeren Zeitraum, verschieben die endgültige Entscheidung dann jedoch immer und immer wieder.
Um den entgegenzuwirken, muss man eine Deadline setzen. Und die künstliche erzeugte Knappheit eines Produkts symbolisiert genau diese Deadline. Die Zeit ist nun nicht mehr unendlich, das Angebot (in unserem Fall der Vorrat der iDevices im Apple Store) gilt nur diese Woche oder ist gar unbestimmt.
Durch die so getroffene Entscheidung entsteht zusätzlich auch noch das Gefühl der Erleichterung und Dankbarkeit. Man schätzt, dass rund 30% der Bevölkerung von diesem Phänomen betroffen sind – das heißt es ist ein zusätzlicher Gewinn von bis zu 30% möglich. Je knapper das neue iPhone wird, umso wertvoller wirkt es, umso mehr Leute wollen es haben. So viele Menschen kaufen es, da muss es doch gut sein. Und davon will ich auch etwas haben!
Künstliche Verknappung bei Apple: Die Presse spielt stets brav mit
Natürlich wäre dieses Instrument der Marketing Abteilung(en) völlig unwirksam, sofern kein medialer Trubel entstehen würde. Die Medien berichten immer brav, zum Start eines neuen iDevces wird man schon fast von solchen Meldungen überhäuft. Das ist auch gut so – zumindest für Apple. Ganz wichtig ist hierbei, wie darüber berichtet wird. Solange es bei „iPhone 4S nach wenigen Stunden komplett ausverkauft“ bleibt ist alles in Ordnung, kritisch wird es allerdings bei Überschriften wie „Enttäuschte und verärgerte Kunden bekommen kein iPhone“. Überwiegen die positiven News die negativen ist alles im grünen Bereich.
Es fällt streng genommen nicht unter die Künstliche Verknappung, nennenswert ist es in diesem Zusammenhang allerdings dennoch. Denn bevor das neue iPhone überhaupt vorgestellt wurde, kursieren schon Monate vorher zahlreiche Gerüchte im Netz herum. Zufall? Nein, die meisten Gerüchte sind wohl frei erfunden (auch wenn es durchaus realistische gibt). Ausschließen, dass da irgendwo auch Apple die Fäden in der Hand hat, kann man allerdings nicht.
Künstliche Verknappung bei Apple: Zu guter letzt!
Was lernen wir also daraus? Apple lässt bei jedem Produkt-Launch die Marketing-Methode der Künstlichen Verknappung zur Geltung kommen. Die ganzen Schlagzeilen sind künstlich hergeführt ebenso wie das „Nur-solange-der-Vorrat-reicht-Gefühl“. Wer dieses Jahr ein iPhone 6 kaufen will, sollte sich also durch solche Meldungen nicht verrückt machen lassen.
Und wenn man dann doch noch ein Modell im Apple Store ergattern konnte, bevor alles „ausverkauft“ war, fühlt man sich als etwas Besonder(er)es. Man erlebt und empfindet unglaublich viele positive Gefühle und Emotionen. Doch das ist eine andere Folge von Inside the Apple.